Sozialstaat in der Krise

„Wir unterstützen die Arbeit der hiesigen Tafeln, sie ist richtig und wichtig. Jedoch offenbart die riesige Nachfrage, eine Nachfrage nach Grundgütern des Lebens, ein Scheitern des Sozialstaats.“, kritisiert Katharina Kappelhoff, Vorsitzende der Jusos Waldeck-Frankenberg. Allein im Kreis sind etwa 2100 Personen, in Deutschland gar 1,5 Millionen, von der Arbeit und dem Engagement der ehrenamtlichen Helfer abhängig. So verteilt die Korbacher Tafel im vierzehntägigen Rhythmus Lebensmittel an Bedürftige. Die Lebensmittel werden beispielsweise aus den umliegenden Lebensmittelmärkten, Metzgereien und Bäckereien bezogen. Für ihre Arbeit ist die Tafel in großem Maße von Spenden abhängig.

„Die Tafeln können nur versuchen die Symptome zu lindern, die Ursachen für diese Lage liegen an anderen Stellen. Während einige wenige ihr Vermögen anhäufen, reicht anderen trotz einer Beschäftigung das Geld oftmals nicht zum Leben, da muss der deutsche Sozialstaat in seiner jetzigen Form hinterfragt werden.“, so der Vorsitzende der Korbacher Jusos, Karsten Zolna.

So beklagen die Jusos die niedrigen, teilweise menschenunwürdigen Hartz-4 Sätze, die grassierende Leiharbeit und den aufgeblähten Niedriglohnsektor, in dem jeder Fünfte Beschäftigte arbeitet. „Wer hart arbeitet, der muss auch davon Leben können, die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ist zwingend notwendig. Dass Mindestlöhne Jobs vernichten würden, ist eine schwarz-gelbe Mär. Vielmehr stärken sie den Arbeitsmarkt und bieten den Menschen eine ausreichende Lebensgrundlage. Alles andere ist moderne Sklaverei.“, so Kappelhoff.

Der Sozialstaat müsse grundlegend verändert werden, um die soziale Spaltung zu beenden. Die oberen zehn Prozent der Haushalte verfügen über 52% des Gesamtvermögens, dem entgegen stehen 1,2% der unteren fünfzig Prozent. Ohne Vermögens- und Erbschaftssteuer werde dieses Gefälle den sozialen Frieden in Deutschland in seinen Grundfesten erschüttern, so die Jusos.

Besonders die soziale Mobilität, die auf einem erschreckend niedrigen Stand sei, kreiden sie an. „Die Bildungspolitik, rund um G8 und die Studiengebühren, tat da ihr übriges. Wer zur unteren Gesellschaftsschicht gehört oder einen Migrationshintergrund hat, dem sind die Türen nach oben in aller Regel verschlossen. Das darf in einem Land wie Deutschland, indem das Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz verankert ist, nicht passieren.“, kritisiert Hendrik Klinge, Vorsitzender der Frankenberger Jungsozialisten.

Ebenso müsse der, durch die Deregulierung der letzten Jahrzehnte, entfesselte internationale Finanzmarkt wieder stärker kontrolliert werden und sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. „Von den Banken wird das Geld regelrecht verbrannt und der Steuerzahler muss dafür gerade stehen. Gleichzeitig wird in Zeiten, in denen Menschen auf die wertvolle Arbeit der Tafeln angewiesen sind, auf Lebensmittelpreise gewettet. Welche Ausmaße muss die Ungerechtigkeit noch annehmen, bis die Politik handelt?“, appelliert Kappelhoff.

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